Samichlaus, Nikolo, Weihnachtsmann, Santa Claus – all dies sind Namensabwandlungen des Heiligen Nikolaus, der der Legende nach Bischof von Myra in Lykien (Türkei) war. Jedes Jahr feiern wir ihn am Nikolaustag, dem 6. Dezember. Dies macht ihn zu einem der populärsten Heiligen der heutigen Zeit.

Leben und Legenden des Hl. Nikolaus von Myra

Zeitgenössische Quellen zum Leben des Hl. Nikolaus existieren nicht. Es gibt jedoch eine Vielzahl an Lebensbeschreibungen (Vitae) und einige Legendenerzählungen. Gemäss diesen wird Nikolaus von Myra um 270 n. Chr. in Patara (Lykien) geboren und stirbt um 342 n. Chr. in Myra. Er soll von einem Bischof erzogen worden sein und bewirkte viele Wunder, die auch in der Kunst häufig dargestellt werden. Ich möchte hier anmerken, dass es zwei verschiedene Heilige mit dem Namen Nikolaus gibt, deren Leben und Wirken in einigen Überlieferungen vermischt werden (Nikolaus von Myra und Nikolaus von Sion).

Eine Legende berichtet, dass Nikolaus von Myra wenige Tage nach der Geburt stehen konnte und die Mutterbrust jeweils am Freitag verweigerte, da am Freitag, in Gedenken an die Kreuzigung Christi, die an einem Freitag geschah, gefastet werden soll. Als Patron der Seefahrer und der Schiffer sind zudem von Nikolaus mehrere Legenden zur Errettung von Seeleuten überliefert. Es existieren auch verschiedene Legenden zur Wiedererweckung Getöteter, zur Rettung von drei Jungfrauen sowie von drei zu Unrecht zum Tode Verurteilten.

Die Legenda aurea berichtet von einer grossen Hungersnot in der Provinz von Myra. Nikolaus bittet Seeleute, die mit Korn unterwegs zum Kaiser sind, einen Teil vom Korn an die hungernden Menschen zu verteilen und er verspricht ihnen, dass sie bei der Weiterfahrt genauso viel Korn an Bord haben werden wie zuvor. Das Korn wird verteilt und es reicht für alle. Die Schiffe, die das Korn dem Kaiser abliefern müssen, können genau so viel abliefern, wie sie in Alexandria an Bord genommen haben. Wenn ihr den Hl. Nikolaus mit drei Broten in der Hand als Attribut dargestellt seht, kommt diese Legende zum Tragen.

Der Nikolaus-Kult

Der Nikolaus-Kult ist ab dem 6. Jahrhundert in Myra und in Konstantinopel belegt und bereits ab dem 9. Jahrhundert in Rom. Zur Verbreitung der Nikolaus-Verehrung schreibt Gabriela Dressel:

„Die Verehrung des Nikolaus ging von der griechischen Kirche aus und verbreitete sich dann weiter nach Konstantinopel. Die Missionierungen in Russland, die von dort aus erfolgten, erklären die zahlreichen Ikonen des Heiligen. Im Abendland verbreitete sich die Verehrung schon im 9. Jahrhundert in Italien und seit dem 10. Jahrhundert mit dem Einfluss Theophanus im Rheinland, hauptsächlich jedoch nach der Translation der Gebeine nach Bari 1087.“

Nikolaus ist Patron von Russland, Schutzheiliger der Kinder und gehört neben Maria in der Ostkirche zu den am meisten verehrten Heiligen. Im 10. und 11. Jahrhundert kommt es zu einer starken Zunahme von Nikolaus-Patrozinien nördlich der Alpen. In der Schweiz lassen sich folgende Patrozinien nachweisen: Freiburg (Kathedrale St. Nicolas), Brugg, Bremgarten, Wil, Frauenfeld, Altstätten und Engelberg. Es ist belegt, dass der Gedächtnistag des Heiligen – der 6. Dezember – bereits im 11. Jahrhundert in Kalendarien auftaucht.

Darstellungstradition

In der Ostkirche wird der Hl. Nikolaus zumeist als kahlköpfiger oder grauhaariger Greis mit rundem Bart dargestellt. Viele Ikonen zeigen Nikolaus gekleidet in einem prachtvollen Ornat (Bischofsgewand) mit Bischofsstab. Die Hand ist entweder zum Segensgestus erhoben oder hält ein Evangelienbuch. Auf dem Kopf trägt er zumeist eine Mitra (traditionelle Kopfbedeckung von Bischöfen). Neben dem Bischofsstab sind seine Attribute drei goldene Kugeln und Kinder. Tintoretto zeigt ihn beispielsweise mit einem Schiff im Hintergrund.

Dass der Heilige Nikolaus Geschenke mitbringt, geht vermutlich auf die Legende der drei Jungfrauen zurück, die nachts von ihm mit Goldkugeln beschenkt werden. Der Brauch, dass dem Hl. Nikolaus ein furchteinflössender Begleiter (Schmutzli, Knecht Ruprecht, Krampus genannt) zur Seite steht, entwickelt sich erst im 17. Jahrhundert und hat nichts mit der ursprünglichen Nikolauslegende zu tun. Vielmehr bildet sein Begleiter einen Gegenpol zum gütigen Nikolaus, der die Kinder beschenkt.

Ein russisches Sprichwort besagt:

„Stirbt Gott, haben wir noch den heiligen Nikolaus“

Nun müssen wir uns nur noch bewusst werden, dass die Ursprünge von Santa Claus nicht am Nordpol, sondern in der heutigen Türkei liegen. Somit wünsche ich euch einen wunderschönen Gedenktag mit vielen Mandarinen, Nüssen und Schokolade.

Dieses Video geht den Fragen nach: Wer war Nikolaus? Woher kommt der Brauch?

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Siehe dir auch meinen Beitrag zum Heiligen Apollinaris von Ravenna an.

Bilderquelle: Eigene Aufnahmen aus Fribourg und Innsbruck, Internet-Download der beiden Bilder aus Russland

 

Literatur

  • De Voragine, Jacobus: Legenda aurea, ausgew. übers. und hrsg. v. Rainer Nickel, Stuttgart 1988.
  • Dressel, Gabriela: Strukturen mittelalterlicher Mirakelerzählungen in Bildern. Ausgewählte Beispiele der französischen Glasmalerei des 13. Jahrhunderts (Beiträge zur Kunstwissenschaft, Band 28), München 1993.
  • Mezger, Werner: Sankt Nikolaus. Zwischen Kult und Klamauk. Zur Entstehung, Entwicklung und Veränderung der Brauchformen um einen populären Heiligen, Ostfliedern 1993.
  • Onasch, Konrad: Nikolaus von Myra. IV. Verehrung und Darstellung in Altrussland, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 6, München / Zürich 1993.
  • Petzoldt, Leander: Nikolaus von Myra (von Bari), in: Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 6, Rom 1974.
  • Poeschel, Sabine: Handbuch der Ikonographie. Sakrale und profane Themen der bildenden Kunst, Darmstadt 2009.
  • Riese, Brigitte: Seemanns Lexikon der Ikonographie. Religiöse und profane Bildmotive, Leipzig 2007.