Hier entsteht eine Liste von geläufigen Architekturbegriffen. Die Begriffe werden kurz und einfach erklärt und haben keinen Vollständigkeitsanspruch. Die Liste wird mit jedem neuen Beitrag ergänzt (schaue dir auch meine Instagram-Beiträge dazu an).

Atlant

Ein Atlant ist ein scheinbarer oder wirklicher Träger eines Architekturteils in der Form eines athletischen, kraftvollen Mannes (nach dem Riesen Atlas aus der griechischen Sage benannt, der das Himmelsgewölbe trägt). Die weibliche Entsprechung ist die Karyatide.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Hausfassade in Budapest, Ungarn und Glasfenster im Kloster Königsfelden, Aargau.

Baldachin

Ursprünglich ein kostbarer Stoff. In Stein oder Holz eine Art Prunkhimmel bzw. kuppelähnliche Überdachung über einem Altar, einem Grabmal oder einer Statue. Der Baldachin galt als Symbol für Macht und Würde.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Verona (San Fermo und S. Anastasia) und Valletta (Johannes-Kathedrale).

Baptisterium

Ein Baptisterium ist eine Taufkirche mit einer Piscina (Taufbecken). In frühchristlicher Zeit wird der Zentralbau meist unmittelbar neben der (Bischofs-)Kirche errichtet. Vorwiegend ist der Bau Johannes dem Täufer geweiht. Im Zentrum des Baptisteriums befindet sich stets ein von fliessendem Wasser gespeistes Taufbecken.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Bergamo und Ravenna.

Fiale

Eine Fiale (auch Pinakel genannt) ist ein spitz auslaufendes, türmchenartiges gotisches Zierglied. Die meist aus Stein gemeisselten Fialen sieht man oft als Bekrönung von Strebepfeilern bzw. Überhöhung von Wimpergen. Sie verstärken den für die Gotik typischen Eindruck des himmelstrebenden „Vertikalismus“. Fialen haben aber nicht nur eine ästhetische Funktion, sondern dienen auch als Gewichtsverstärker und somit der Stabilisation.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Reims und Caen.

Flechtband

Das Flechtband ist ein Ornament, das durch Verschlingungen mehrerer Bänder entsteht. Vor allem bei den Griechen und den Römern waren Flechtbänder beliebt, aber auch in der byzantinischen und der koptischen Kunst gehörte es zu den bevorzugten Motiven.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Schloss Tirol bei Meran sowie Kathedrale in Bayeux.

Fries

Ein Fries ist ein Flächenband, welches zur Gliederung und zum Schmücken von Wänden und Fassaden dient – es kann leer oder mit Figuren und Ornamenten besetzt sein und als Malerei oder als Relief ausgeführt sein.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Ravenna (Mausoleum des Theoderich) und Ephesos, Türkei.

Frontispiz (Giebel)

Bei einem Frontispiz, Fronton (frz.), handelt es sich um ein Giebeldreieck als vorspringende Tür- oder Fensterbedachung oder über einem Risalit (vorspringender Gebäudeteil).

Bilder: Eigene Aufnahmen: Paris.

Giebel

Ein Giebel ist wie die Schenkel eines Winkels aufeinanderstossenden Schrägen eines Satteldachs in ihren obersten Abschnitten. Etwas einfacher formuliert: Es ist der Wandteil eines Gebäudes, der oben an den Dachkanten angrenzt oder über das Dach hinausragt. Abhängig von der Form des Daches gibt es verschiedene Giebelformen, meist wird der Giebel jedoch als eine Art Dreieck ausgeführt. Es gibt Flach-, Spitz-, Zwerch-, Knick- oder Rundgiebel, um nur einige Beispiele zu nennen. Mein Bild zeigt einen gesprengten Segmentgiebel: Ein flaches Kreissegment tritt an die Stelle des Giebel-Dreiecks. Dabei wird die obere Mitte offen gelassen.

Bild: Eigene Aufnahme: Segmentgiebel, Forum Romanum, Rom.

Kapitell

Ein Kapitell ist der obere Abschluss einer Säule, eines Pilasters oder eines Pfeilers (lat. caput, Kopf). Es vermittelt zwischen einer Stütze (z.B. Säule) und dem Bogen oder der Mauer, die auf ihm ruhen. Das Kapitell dient somit einerseits als Zier, andererseits bietet es eine grössere Auflagefläche für das Gebälk. Unter den vielen verschiedenen Kapitell-Formen sind die drei griechischen Formen die bekanntesten: Dorisch, Ionisch, Korinthisch. Meist können wir florale oder figurative Formen auf Kapitellen entdecken. War das Kapitell zuerst rund, entwickelte es sich im Verlaufe der Zeit immer mehr in eine quadratische Deckplatte. Die verschiedenen Formen unterscheiden sich ihrem Aufbau (Gestaltung), nicht aber in ihrer Funktion (Wirkung). Einige Form-Beispiele möchte ich hier nennen: Das Blattkapitell kennen wir vor allem aus der Antike (Akanthus-Blätter) und von romanischen Bauten (Efeu, Weintrauben, Eichenblätter). Kelchkapitelle sind oft an gotischen Bauten zu finden (kelchartige Form). Figurenkapitelle haben ihren Ursprung in der Romanik – in späterer Zeit (z.B. Renaissance) kehrt man zu einfacheren Formen zurück. Um die Sache noch komplexer zu gestalten, gibt es zusätzlich noch “Aufsätze” (so genannte Kämpfer-Steine), welche sich auf einem Kapitell befinden können.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Notre-Dame du Cunault, Frankreich.

Kartusche

Eine Kartusche ist ein ornamental gerahmtes Feld oder Tafel der Flächendekoration des 16.-18. Jh. Oftmals rollen sich die Ecken und Ränder ein oder haben die Form eines Wappenschildes. Meist dient die Kartusche als Zierde von Portraits, Wappen, Gemälde oder Inschriften. Besonders im Barock und in der Renaissance waren diese Zierrahmen beliebt, später dann wiederum im Historismus.

Bild: Eigene Aufnahme: Avignon, Palais des Papes.

Karyatiden

Eine Karyatide (griech.) ist eine «Gebälkträgerin» bzw. ein Stützpfeiler in Form einer weiblichen Gewandfigur, meist mit bodenlangem Kleid. Sie ist ein tragendes Element und ersetzt quasi die Säule. Ihr männliches Pendent heisst Atlant.

Bild: Eigene Aufnahme: Akropolis, Athen.

Kämpferstein

Der Kämpferstein ist der erste Keilstein eines Bogens oder Gewölbes. Der Schlussstein ist der letzte Stein eines Bogens in der Mitte gelegen.

Bild: Eigene Aufnahme: Kunsthistorisches Museum Wien.

Kreuzblume

Eine Kreuzblume ist eine kreuzförmig ausladende, aus Blattwerk gebildete Spitze gotischer Türme, Giebel und Fialen. Die Spitze der Kreuzblume und die Balkenenden haben meist knospige oder blättrige Verdickungen.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Stephansdom, Wien.

Krypta

Eine Krypta ist der Grabraum unter der Kirche oder die Unterkirche. Normalerweise befindet sich die Krypta im Ostteil einer Kirche (unter dem Chor), es gibt aber auch so genannte Westkrypten. Krypten dienten als Begräbnisstätten hoher geistlicher und weltlicher Würdenträger sowie als Aufbewahrungsort von Reliquien.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Verona, San Fermo.

Kuppel

Eine Kuppel ist ein Rundgewölbe, meist in Form einer Halbkugel. Der von ihr überdeckte Raum kann in der Grundfläche quadratisch, rund oder polygonal sein.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Rom, Dresden.

Langhaus

Als Langhaus bezeichnet man den Kirchenbau in voller Breite vom Eingang bis zum Beginn des Querschiff- bzw. Chorbereichs. Das Langhaus wird auch als Kirchenschiff oder Langschiff bezeichnet.

Bild: Eigene Aufnahme: Basilica die S. Apollinare Nuovo, Ravenna.

Lettner

Ein Lettner (Lectorium) ist eine Abtrennung bzw. Scheidewand als Chorschranke zwischen Chor und Mittelschiff der Kirche, meist mit einer Lese- und Sängerbühne. Ein Lettner diente im 12./13. Jh. als ‘Trennwand’ zwischen dem der Geistlichkeit vorbehaltenem Chorraum und dem Hauptschiff. Der Name Lettner bedeutet ursprünglich Lesepult (lat.).

Bilder: Eigene Aufnahmen: Saint-Étienne-du-Mont, Paris und Verona, San Zeno.

Mäander

Ein Mäander ist ein Ornament in mehreren Formen: „Geometrisch“ und als Wellenband. Benannt nach dem vielfach gewundenen Unterlauf des gleichnamigen Flusses an der Westküste Kleinasiens, Türkei. Der klassische Mäander ist ein Zierband aus einer fortlaufenden Folge rechtwinkelig gebrochener Linien. Es gibt zahlreiche Abwandlungen dieser Ornamentform.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Kunsthistorisches Museum Wien sowie Hausfassade in Wien.

Mausoleum

Ein Mausoleum ist ein architektonisches, prächtiges Grabmal. Benannt nach dem Grabbau für König Mausolos von Karien (gest. 353 v. Chr.). Ein sehr bekanntes Mausoleum befindet sich in Ravenna und wurde von Kaiser Theoderich (gest. 526) noch zu Lebzeiten in Auftrag gegeben.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Ravenna.

Oculus / Opaion

Oculus (lat.) bedeutet übersetzt Auge und ist in der Architektur ein kreisförmiges oder elliptisches Rundfenster. Die Runde Öffnung am höchsten Punkt der Kuppel wie im Pantheon in Rom heisst Opaion.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Rom, Pantheon und Petersdom.

Pendentif

Ein Pendentif ist ein sphärisches Dreieck zur Ecküberleitung vom kubischen Raum bzw. vom quadratischen Grundriss zur Kuppel. Bei der Kuppelunterlage handelt es sich oft um eine Vierung einer Kirche oder um einen Zentralbau mit quadratischem Grundriss. Zwischen Pendentif und Kuppel wird meist ein zylinderförmiges Element eingefügt, ein so genannter Tambour.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Padua, Paris.

Pfeiler

Ein Pfeiler ist ein architektonisches Stützglied aus Mauerwerk, meist rechteckig. Je nach Lage und Einordnung in der Kirche unterscheidet man zwischen Frei-, Wand- und Halbpfeiler. Säulen mit grossem Durchmesser heissen Rundpfeiler.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Ravenna, Italien. Ein sehr seltener Pfeiler mit sieben ‚Ecken‘ in der Kirche S. Maria Maggiore in Ravenna.

Plinthe

Eine Plinthe ist eine Standplatte einer Statue oder einer Säulenbasis, auch Sockel genannt. Die Plinthe ist meist plattenförmig. Der Sockel kann hingegen auch andere Formen annehmen.

Tympanon

Ein Tympanon ist das halbrunde oder eckige Feld über dem Kirchenportal bzw. die Steinplatte, die es füllt. Mit Reliefs oder Mosaiken war es vermutlich bereits im Frühmittelalter in Byzanz gebräuchlich. Nachweisen lassen sich Tympana seit Ende des 11. Jh. in Südfrankreich und Burgund. Die romanische und gotische Portalplastik führte zur Blütezeit des Tympanons.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Kathedrale Notre-Dame de Paris sowie Kathedrale von Rouen.

Wasserspeier

Wasserspeier sind architektonische Gestaltungselemente, die den Wasserablauf als Rinnen, Rohre oder ausgehölte Figuren an Dächern lenken. Sie verhindern, dass das Wasser in das Mauerwerk des Gebäudes eindringt. Bei Starkregen schiesst das Wasser in einem grossen Bogen durch den Wasserspeier hindurch und vom Gebäude weg. Während in der Antike Löwenköpfe dominierten, bevorzugte man in der Gotik und in der Renaissance phantasievoll gestaltete Tier- und Fratzenköpfe. Der französische Ausdruck «Gargouille» (Englisch Gargoyle) ist verwandt mit dem deutschen Wort «gurgeln». Im Mittelalter nehmen die Wasserspeier besonders groteske Formen an, haben jedoch an Kathedralen eine symbolische Bedeutung: Durch ihr erschreckendes Aussehen sollen sie Dämonen einen Spiegel vorhalten und diese abwehren. Wasserspeier befinden sich deshalb ausschliesslich an der Aussenfassade von Kirchen und halten eine beschützende Funktion inne. Das Innere der Kirche hingegen widerspiegelt das Gute. An der Notre-Dame in Paris befinden sich die ältesten Exemplare, die heute noch erhalten sind. Ab dem 16. Jh. wird vermehrt nicht mehr Stein als Material gebraucht, sondern Metall. Ab dem 18. Jh. verliert der Wasserspeier an Bedeutung, da man das Wasser nun mit Fallrohren am Gebäude ableitet.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Château Royal de Blois.

Wendeltreppe

Eine Wendeltreppe ist eine ansteigende Stufentreppe, welche sich in einem Kreis um einen zentralen Stützpfeiler oder um eine runde Öffnung (Treppenauge) windet. Sie hat eine schraubenförmige Struktur. Eine Wendeltreppe ist nicht zu verwechseln mit einem Wendelstein. Letzterer ist ein turmartiges Gebäude, welches sich ausserhalb eines Bauwerkes befindet (Stiegenturm). Im Inneren enthält der Wendelstein jedoch meist eine Wendeltreppe. Eine Rarität sind doppelläufige Wendeltreppen wie sie Leonardo da Vinci im Schloss Chambord entworfen hat. Diese Treppen sind Zweiarmig.

Bild: Eigene Aufnahme:Wendeltreppe im Stadtturm in Innsbruck.

Wimperg

Ein Wimperg ist ein gotischer Ziergiebel über Portalen und Fenstern, oft aus Masswerk zusammengesetzt und in einer Kreuzblume endend. Häufig wird er von Fialen flankiert.

Bilder: Eigene Aufnahmen: Stephansdom Wien.

 

Literatur: In Anlehnung an Reclams «Kleines Wörterbuch der Architektur», 2006, sowie «Das grosse Kunstlexikon» von P.W. Hartmann (keine Werbung)