Im ersten Teil unserer Reise auf der Route 66 haben wir dich auf unsere Abenteuer von Los Angeles bis nach Albuquerque mitgenommen. Heute geht es weiter auf der Mother Road bis nach Oklahoma City. Wir fahren von der Künstlerstadt Santa Fe zur Rockin’ Route 66 Car Show in Tucumcari, weiter zum legalen Cadillac-Sprayen und via Space-Shuttle in Weatherford hin zum Rinderauktionsmarkt in Oklahoma. Viel Spass bei der Lektüre.

Von Albuquerque nach Las Vegas (New Mexico)

Wir freuen uns, als wir eine französische Bäckerei entdecken und schlemmen ein ‘Pain au Chocolat’, bevor wir uns auf den Weg zum Cochiti-Stausee machen, welcher etwas abseits der Route 66 liegt. Wider Erwarten können wir hier nicht am See entlang spazieren (vielleicht haben wir den Startpunkt auch einfach nicht gefunden), jedoch gibt es Picknick-Plätze und eine Bade-Zone. Ganz in der Nähe liegt das Tent Rocks National Monument, welches einen schönen Wanderweg hat. Aber Achtung: Im Sommer wird es dort super heiss, deshalb am besten vor der Mittagshitze wandern gehen (und umgekehrt wär’s auch schlauer: Zuerst Wanderung, dann der See…).

Santa Fe ist quasi die kleine Schwester von San Francisco – eine Hippiestadt mit vielen Galerien und (Überlebens-)Künstlern, welche wiederum an der Route 66 liegt. Die bekannte amerikanische Künstlerin Georgia O’Keeffe (siehe Artikel) wird nicht unschuldig an dieser Entwicklung sein. So besuchen wir zuerst ihr Museum, welches die umfangreichste Sammlung ihrer Werke beherbergt. In der Stadt schlendern wir vorbei an den beschaulichen Lehmburgen und der alten San Miguel Kirche. Man endet meist im Herzen der Stadt, der Plaza. Das Tempo der Leute ist urgemütlich. Indianer verkaufen Schmuck. Wir setzen uns in den Park, essen zur Stärkung ein Eis und lauschen Gitarrenklängen zu. Hier hätte ich gerne noch den ganzen Nachmittag verbracht, doch schon geht es weiter zum Pecos Pueblo (Pecos National Historical Park), eine verlassene Indianerstadt. Und hier geht auch mein Herzschlag rapide auf 200 hoch als wir nämlich unweit von uns entfernt plötzlich eine echte Klapperschlange sehen. Doch locker wie die Amis sind, versichern sie uns: Ach, die ist noch nicht ganz ausgewachsen, deshalb ist sie noch nicht so aggressiv… Na, Gott sei Dank! Wir übernachten im weniger glamourösen Las Vegas in New Mexico.

Von Las Vegas (NM) nach Amarillo

In Santa Rosa verstecken sich natürliche Wasserreserven und so besuchen wir die Blue-Hole-Quelle, die sich unweit von ‘Downtown’ befindet. Die Besucher packen quasi Kind und Kegel aus ihren riesigen Autos aus inklusive der gesamten Tauchausrüstung. Als fleissige Schweizer umrunden wir wieder einmal als Einzige den kleinen See, machen es uns auf der Picknick-Bank gemütlich und schauen dem Treiben zu.

Tucumcari begrüsst uns einerseits mit einem Schilderwald, andererseits – und hier könnte unser Timing nicht besser sein – mit einem jährlich stattfindenden Oldtimer Treffen, der Rockin’ Route 66 Car Show. Wir bewundern die herausgeputzten Oldtimer – hier kommt zum ersten Mal richtiges Route 66 Nostalgie-Feeling auf. Auch die Innenstadt führt dieses Mother-Road-Feeling weiter und es macht richtig Spass die kleine Stadt zu erkunden. Zuletzt landen wir auf der Suche nach Überbleibseln der Vergangenheit im Mesalands Dinosaur Museum, welches interaktiv und lehrreich gestaltet ist. So finden wir endlich eine Stadt, die nicht nur aus alten Tankstellen, rostigen Autos und heruntergekommenen Diners besteht.

In Adrian pfeift das Schild ‘Midpoint’ zur Halbzeit der Route 66 und wir gönnen uns im Midpoint Café eine Pause. Nach ein paar Meilen auf der Interstate und mehreren Umwegen aufgrund schlechter Beschilderung finden wir dann endlich die Cadillac Ranch – ein Auto-Gag auf einem Acker mitten im Nirgendwo. Hier ist es Pflicht und legal die 10 zur Hälfte eingegrabenen Cadillacs zu besprayen, was wir uns nicht zweimal sagen lassen (es gibt genügend Spraydosen auf dem Boden, man muss keine neuen, teuren im Laden kaufen). Auf diesen Tag habe ich mich schon lange gefreut, aber wir sind nicht die Einzigen. Auf dem Weg nach Amarillo vergeht kaum eine Minute ohne, dass man Werbung für die «Big Texan Steak Ranch» sieht. Das Restaurant serviert die grössten Steaks des Landes (bis zu 72 oz/2.1kg). Meiner Meinung nach ist es eine Touristenfalle – das Ambiente ist enttäuschend und man kommt sich vor wie am Fliessband. Wir verzichten auf die 2h Wartezeit und essen ebenso gut im Steakhouse nebenan.

Von Amarillo nach Weatherford

Grasebenen soweit das Auge reicht auf unserem Weg durch Texas. Die Prärie prägt das ‘Heartland’ bzw. Zentrum der USA. Wir schätzen diese endlosen Weiten, sie beruhigen. Während der Fahrt spielen die Radiosender ausschliesslich Country Music und auf den Strassen sieht man hauptsächlich Trucks – wer hier einen Kleinwagen fährt, ist fehl am Platz. Ganz nach dem Motto: Everything is bigger in Texas. Mit unserem gemieteten Dodge Ram passen wir uns perfekt an. Früh aufstehen für eine Wanderung lohnt sich, denn es wird heiss. Etwas abseits der Route 66 liegt der Palo Duro Canyon State Park. Angekommen im Visitor Center erfahren wir alles zu den vorhandenen Trails im Canyon. Beim Palo Duro Canyon handelt es sich um die zweitgrösste Schlucht Nordamerikas, quasi ein zweiter Grand Canyon. Hier erfährt man bei einem Spaziergang Millionen Jahre geologische Geschichte. Eine Scenic Route führt durch den Park. Den Höhepunkt bildet aber die rund dreistündige Lighthouse Trail Wanderung, bei welcher man die markanten Felsformationen besonders gut beobachten kann. Wir hatten Glück und haben sogar einige Tiere gesehen, so beispielsweise den Texas horned Lizard – eine Eidechse, die es bei uns im Zoo gibt. Die Schilder ‘Achtung: Klapperschlangen’ sollte man auch hier nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Einen kompletten Gegensatz zur Landschaft bilden die Städte. Jede Autobahn-Ausfahrt ist geprägt von immer denselben Fastfood-Ketten und Steakhouses. Das Städtchen Shamrock ist bekannt für das U Drop Inn Café, welches im Film «Cars» vorkommt und an der ursprünglichen Route 66 liegt. Das restaurierte Art-déco-Gebäude dient gleichzeitig auch als Souvenirshop, Tesla-Supercharger-Station und Visitor Center, jedoch gibt es anderweitig nicht viel zu sehen. In Sayre sagt unser Guide, dass Strausse öffentlich auf den Strassen herumlaufen, jedoch scheinen sie sich vor uns versteckt zu haben und wir sehen keinen Einzigen. Elk City bietet dafür eine positive Überraschung: Das Städtchen hat sich herausgeputzt und bietet einen Rundgang durch mehrere kleinere Museen an (Old Town Museum Complex: National Route 66 Museum). Wir fühlen uns in «Once Upon a Time in the West» versetzt und verweilen länger als erwartet, so dass das zweite National Route 66 Museum in Clinton bereits geschlossen hat als wir ankommen. In Weatherford verköstigen wir uns im berühmten Lucille’s Roadhouse – ein klassisches Diner.

Von Weatherford nach Oklahoma City

Weatherford ist vor allem für das Stafford Air & Space Museum bekannt, welches sehr sehenswert ist. Es präsentiert die Geschichte der Luft- und Raumfahrt von den Gebrüdern Wright bis hin zum Space-Shuttle. Gegründet wurde das Museum vom Astronauten Thomas Stafford, welcher unter anderem mit der Apollo-10-Mission im All war. Zum baldigen Abschluss der Route gönnen wir uns das legendäre Route 66 Beer bzw. Soda, welches süsser nicht sein könnte. Ein farbstarkes Wandbild mit Longhorn-Rindern prägt das Städtchen Yukon.

Fazit und Anmerkung zu den kleineren Städten entlang der Route 66: Viele kleinere Städte haben ihren eigenen Charme, insbesondere Tucumcari, Santa Fe, Elk City und Weatherford. Rückblickend stellen wir grosse Unterschiede zwischen den kleineren Städten entlang der Route 66 fest. Frech haben wir sie in zwei Kategorien aufgeteilt. 1) Die Vorbildlichen. Städte wie Elk City haben sich herausgeputzt und es gibt viel zu sehen – Museen, Cafés, Souvenir-Shops etc. Einige wie Tucumcari pflegen das Route 66 Nostalgie-Feeling, andere ihre Helden – wie das Stafford Air & Space Museum in Weatherford. 2) Die Verlotterten. Zur zweiten Gruppe zählen wir die Städte, die wenig attraktiv sind für Touristen, aber dennoch im Guide stehen. Viele Gebäude sind in die Jahre gekommen und es gibt meist eine einzige Sehenswürdigkeit, die noch dazu schwer zu finden ist.

Und nun befinden wir uns im tiefsten wilden Westen, nämlich im National Cowboy & Western Heritage Museum in Oklahoma. Von einem Pensionär in voller Westernmontur werden wir über die Fakten und Mythen der Cowboys aufgeklärt. Aufgepasst: Ein echter Cowboy trägt nämlich Wrangler Jeans (nicht Levi’s!). Auch trägt man die Pistole niemals seitlich, da man sonst das Lasso nicht werfen kann (normalerweise befand sich die Pistole in früheren Zeiten in einer Tasche verstaut). Um es kurz zu sagen, unser ganzes Western-Wissen wird kurzerhand auf den Kopfgestellt (Banausen eben). Eine grosse Sammlung an John Wayne Filmrequisiten runden den Besuch ab.

In Oklahoma City erreichen die Temperaturen ihren Höchststand – sogar meinem Guide reicht es: der Leim löst sich auf. Wir machen eine kurze Pause in den Myriad Botanical Gardens. Dort findet man Schatten und Brunnen zur Abkühlung. Anschliessend besichtigen wir das wiederbelebte Lagerhausviertel Bricktown, welches heute mit vielen Restaurants, Bars und Cafés ausgestattet ist (Bricktown Historical District). Im Old Plaza-Viertel schauen wir uns die lustigen Graffiti an – ein jährlicher Wettbewerb.

Von Oklahoma City nach Dallas, Texas

Route 66, Oklahoma, Stockyards City, Rinderauktionshalle

Route 66, Oklahoma, Stockyards City

Unter den Top 10 der komischsten Dinge, die ich je erlebt habe, gehört unser Besuch der Stockyards City definitiv rein. Bereits um 8Uhr morgens befinden wir uns nämlich in einer Rinder-Auktionshalle, deren Eingang nicht leicht zu finden ist. Der Auktionator singt sich regelrecht durch die Auktion bzw. die Preise der Rinder, welche von zwei Personen mit einem Stock zur Bewegung gezwungen werden. Und das tönt ungefähr so: Fowty, now fowtyfibe, wiyagimme fifty…? Auf Deutsch gesagt, man versteht als Besucher zuerst einmal Bahnhof. Dezente Handzeichen der Händler lassen uns wissen, dass wir die einzigen sind, die nichts verstehen. Noch nie in meinem Leben kam ich mir so deplatziert vor (was die Situation noch komischer macht) – zwei Touristen und circa 20 Farmer gekleidet in Cowboy-Stiefeln und -hüten.

Und nun sind wir etwas nostalgisch angehaucht, denn jetzt heisst es definitiv Abschied nehmen von der Route 66 – danke, es war jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung dich zu finden, aber doch schön, wenn es mal geklappt hat für ein paar Minuten 😉 Dallas ahoi!

Für Dallas, Chicago und Montreal werde ich separate Beiträge schreiben. Hier geht’s zu Teil 1: Die Route 66 von Los Angeles nach Albuquerque. Viel Spass beim Lesen!

Sieh’ dir auch unseren Neuseeland-Roadtrip an.

Bilderquelle: Eigene Aufnahmen