Die Stadt Worms – untrennbar verknüpft mit der Nibelungensage und Luther. Der Held Siegfried ist omnipräsent. Wer die Stadt Worms mit ihren Sehenswürdigkeiten entdecken möchte, kann nicht nur in Luthers Schuhe treten, sondern auch auf Schatzsuche gehen. Sind die Augen mal müde vom Sehen, gibt es im Nibelungenmuseum viel zu Hören. Nach einem ausgiebigen Dombesuch sorgen die Kaffees in der Altstadt für Gaumenfreude und frische Energie. Hast du die Anzahl an Drachendarstellungen schon gezählt? Beinahe Mission Impossible. Tauch mit mir in die sagenumwobene Stadt am Rhein ein. Vielleicht finden wir den Nibelungenschatz gemeinsam.

Basilika St. Martin und der Ludwigsplatz mit Obelisk

Mein Spaziergang durch Worms beginnt am Ludwigsplatz. Hier fällt gleich der grosse Obelisk-Brunnen auf, welcher zu Ehren von Grossherzog Ludwig IV. von Hessen errichtet wurde. Gegenüber befindet sich die Basilika St. Martin. Der rote Sandstein der romanischen Kirche konkurriert mit den in voller Pracht blühenden Judasbäumen. Vom ursprünglichen Bau des Martinstifts aus dem Jahr 1000 n. Chr. ist praktisch nichts mehr vorhanden. Die heutige Stiftskirche ist eine dreischiffige Pfeilerbasilika ohne Querhaus. Gemäss Legende soll der Heilige Martin im Jahr 357 hier in Worms eingekerkert worden sein, da er den Kriegsdienst verweigerte.

Lutherdenkmal und das Schicksalsrad

Auf dem Weg zum Lutherdenkmal begegne ich in der Altstadt von Worms einem weiteren Brunnen, der mich sofort fasziniert – das Schicksalsrad von 1986 des Wormser Künstlers Gustav Nonnenmacher. Zu sehen sind verschiedene Szenen der Wormser Stadtgeschichte, so beispielsweise die Kelten-und Römerzeit, die Reichstage und Kaiserzeit, die Nibelungensage und Lutherzeit, aber auch die Zerstörung der Stadt durch Kriege oder Gefahren. Das Rad dreht sich weiter… Was der Drache am Sockel wohl für Pläne schmiedet?

Das im Jahr 1868 errichtete Lutherdenkmal in Worms zeigt Luther im Kreise weiterer Reformatoren. Das Denkmal erinnert an Luthers standhafte Haltung und gehört neben dem Reformationsdenkmal in Genf zu den grössten seiner Art. In Worms verweigert Luther den Widerruf seiner Thesen. Vom Papst wird er deshalb aus der Kirche verstossen und vom Kaiser mit dem Wormser Edikt von 1521 aus der Gesellschaft ausgeschlossen (Reichsacht). Luther sollte daraufhin «vogelfrei» nach Wittenberg zurückkehren, doch der Sächsische Kurfürst Karl V. bringt ihn in Sicherheit und so überträgt er als «Junker Jörg» auf der Wartburg das Neue Testament ins Deutsche.

Das Lutherdenkmal zeigt in der Mitte Luther selbst umgeben am Sockel von seinen Mitstreitern aus der (Vor-)Reformation: Der Franzose Petrus Waldus, der Engländer John Wiclef, der Tscheche Johann Hus sowie der Italiener Girolamo Savonarola. Umrandet und wörtlich an seiner Seite stehend, siehst du evangelische Reichsfürsten, die entweder Luther selbst oder die Reformationsbewegung unterstützt haben. Am Sockel angebracht sind auch diverse Szenen aus dem Leben von Luther. Die Frauenfiguren symbolisieren die Städte Magdeburg, Speyer und Augsburg. Nach einem kurzen Tee-Stopp mache ich mich auf zum Dom. Der Weg führt über den Heylshofgarten.

Heylshofgarten: In Luthers Schuhen

«Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen.» (Zitat von Martin Luther)

Im Heylshofpark in Worms gleich gegenüber vom Dom kennzeichnet eine Bodenplatte die Stelle an der Luther aufgefordert wurde seine Thesen zu widerrufen. Die grossen Schuhe Luthers befinden sich ebenfalls bei diesem Gedenkort. Im Jahr 2017, zum 500. Jahrestag der Reformation, wird die Stätte eröffnet. Ursprünglich befindet sich eine Bischofspfalz an diesem Ort. Diese wird im 18. Jahrhundert abgerissen und ein Residenzschloss entsteht, welches jedoch während der französischen Besatzung komplett ausbrennt.

1884 übernimmt die Industriellenfamilie Heyl das Land und baut den Heylshof, ein Stadtpalais, in welchem sich heute ein Museum befindet. Das Museum Heylshof, ursprünglich die Privatsammlung des Ehepaares Heyl, zeigt europäische Werke vom 15. bis zum 19. Jahrhundert mit Fokus auf die deutsche Malerei. Worms in einem Tag zu besichtigen ist leider zu kurz und so hat es mir zeitlich nicht für einen Besuch des Museums gereicht. Das möchte ich definitiv nachholen.

Übrigens: Luthers Schuhe fordern uns zur Selbstreflexion auf – wir können wörtlich in seine Fussstapfen treten. Wären wir genauso mutig gewesen wie Luther? Wo in unserem Leben sind wir gerade gefordert und wie möchten wir dieser Situation begegnen?

Der Wormser Dom St. Peter

Der Dom St. Peter beeindruckt schon durch seine Grösse und gehört wie diejenigen von Mainz und Speyer zu den bekanntesten Kaiserdomen am Rhein. Der Dom von Worms steht auf dem höchsten Hügel der Stadt und auf dem ältesten Siedlungsgebiet, denn bereits die Kelten und die Römer wohnten hier. Der Dombau beginnt im Jahr 1130, wobei man die frühromanische Basilika abreisst. Die Kirche wird grösstenteils im spätromanischen Stil erbaut, die Baumeister aus Frankreich bringen jedoch schon frühgotische Stilelemente ein (z.B. spitzbogiges Rippengewölbe). Später finden noch vereinzelt Um- und Anbauten statt.

Im Wesentlichen sehen wir heute die Baustruktur des 12. Jahrhunderts – eine doppelchörige Pfeilerbasilika mit zwei Kuppeln und vier Türmen. Ich betrete den Dom durch das Südportal, welches im 13. Jahrhundert entstanden ist. Das gotische Tympanon zeigt Szenen aus dem Neuen und dem Alten Testament sowie oberhalb die Marienkrönung. Zudem sehen wir personifizierte Tugenden und Laster, beispielsweise die Mildtätigkeit oder die Verschwendung. Ferner sind die weiblichen Darstellungen von Synagoge und Ecclesia zu erkennen. Deutlich sichtbar ist der Einfluss der Strassburger Münsterbauhütte (vgl. lächelnder Engel an der Pforte).

Im Pfälzischen Erbfolgekrieg wird der Dom im Inneren vollständig zerstört. Es folgt eine Erneuerung im barocken Stil. Hier fällt vor allem der Hochaltar auf, welcher von Balthasar Neumann geschaffen wurde. Er gehört zu den bedeutendsten Baumeistern Süddeutschlands in der Zeit des Barocks und des Rokokos. Über das Tourismusbüro von Worms habe ich eine öffentliche Dom-Führung gebucht, welche ich sehr empfehlen kann (keine Werbung). Übrigens: Der Legende nach soll am nördlichen Kaiserportal des Doms der Streit zwischen Brünhild und Kriemhild – den beiden Nibelungenköniginnen – stattgefunden haben. Siegfried wird daraufhin ermordet von Hagen und das burgundische Reich ist dem Untergang geweiht.

Siegfried-Brunnen und «Wonni» der Drache

Läuft man vom Dom aus in die Altstadt kommt man am Siegfriedbrunnen vorbei. Auf dem Sockel steht Siegfried stolz über dem besiegten Drachen Fafnir (auch Fafner genannt). Das Blut des Drachens macht ihn unverwundbar (bis auf diese eine verflixte Stelle zwischen den Schultern – dort, wo ein Lindenblatt drauf fällt und den Schutz verhindert). Der Drache spielt in Worms eine bedeutende Rolle. Er ist nicht nur im Stadtbild omnipräsent, sondern auch auf dem Stadtwappen zu finden. Einst symbolisierte er die Unabhängigkeit der Stadt Worms gegenüber dem Bischof als freie Reichsstadt. Der Drache wird von den Einwohnern liebevoll Wonni genannt.

Das Nibelungenmuseum in Worms

«Uns ist in alten mæren wunders vil geseit
von helden lobebæren, von grôzer arebeit,
von fröuden hôchgezîten, von weinen und von klagen,
von küener recken strîten muget ir nu wunder hœren sagen.»

(Beginn des Nibelungenliedes, Quelle: Uni Münster)

Ein paar Gehminuten von der Altstadt entfernt, kommt man zum Nibelungenmuseum, welches 2010 eröffnet wurde. Da mich die Nibelungensage sehr interessiert, steht dieses Museum weit oben auf meiner Liste. Zuerst konnte ich mir nicht recht vorstellen, was gezeigt werden soll; die Umsetzung finde ich aber grossartig. Es ist kein klassisches Museum. Die Besucher gehen in einem Wendelturm nach oben (im so genannten «Sehturm») und tauchen per Audio in das Geschehen ein (du kannst jedes Mal wählen wie detailliert du in die Geschichte eintauchen möchtest).

Der unbekannte Dichter der Sage erzählt dir von der Entstehungsgeschichte, von wichtigen Personen und Ereignissen sowie von der Rezeption beziehungsweise den (Re-)Interpretationen der Legende (durchaus kritisch). Am Wehrgang oben angekommen dürfen die Ohren kurz ruhen und die Augen können die noch erhalten gebliebenen Reste der Stadtmauer aus der Stauferzeit bestaunen, bevor es weiter zum «Hörturm» geht. Ich hatte knapp eine Stunde für den Besuch eingeplant und dies war definitiv zu wenig. Irgendwann waren meine Ohren aber auch etwas überfordert, so dass ich eine Trinkpause brauchte – für alle Sinne etwas 😉

Torturm (Nibelungenbrücke) und Hagen-Denkmal

Mein Stadtspaziergang durch Worms endet am Rhein. Der Legende nach soll der Nibelungenschatz bei Worms im Rhein durch Hagen von Tronje versenkt worden sein. Der legendäre Schatz wurde bis heute nicht gefunden und so erinnert nur die vom Wormser Bildhauer Johann Hirt geschaffene Statue von Hagen aus dem Jahr 1906 an das Ereignis. Vielleicht siehst du einen schimmernden Goldglanz im Wasser, wenn du über die Nibelungenbrücke schreitest? Sag mir Bescheid 😉

Für mich geht es nun weiter nach Speyer. In der «sagenhaftesten» Stadt Euopas  gibt es aber noch viel zu entdecken.

Weitere Sehenswürdigkeiten in Worms:

Schaue dir auch meinen Beitrag zu Heidelberg an.

Bilderquelle: Eigene Aufnahmen