Was für ein Ausblick! Das ehemalige Zisterzienserkloster Kappel am Albis liegt in der Landschaft des Knoaueramtes im Kanton Zürich und bietet einen fantastischen Blick auf den Zugersee und die umliegenden Berge. Bei der Anfahrt ist die Kirche schon von Weitem her sichtbar. Das Kloster liegt zwischen den Städten Zürich, Zug und Luzern. Dort, wo früher Mönche wandelten, können heute gestresste Menschen bei einer geführten Meditation in die Stille eintauchen oder sich im Klosterkeller kulinarisch verwöhnen lassen. Nicht nur das Klostercafé, sondern auch der Klostergarten laden mit ihrer Panoramaterrasse zur Entschleunigung ein. Birgt die gotische Klosterkirche gar ein Geheimnis? Inspirierte die Helmzier der Familie Gessler den Autor Robert Lips zur berühmten Kinderbuchfigur «Globi»? Finden wir es heraus.

Die Geschichte des Klosters Kappel am Albis bei Zürich

Die Gründung des Klosters Kappel am Albis geht ins 12. Jahrhundert zurück. In einem Schreiben aus dem Jahr 1185 bestätigt Bischof Hermann II. von Konstanz die Erbauung. Insgesamt kann die Geschichte des Klosters in vier Epochen eingeteilt werden: Klosterzeit bis zur Reformation (1185-1527), Zeit der Amtsleute (1541-1803), Armenanstalt (1836-1981) und Seminarhotel- und Bildungshaus (seit 1983).

Die Zisterzienser gehörten ursprünglich zum Orden der Benediktiner, trennten sich jedoch im 12. Jahrhundert und stellten ihre eigenen Ordensregeln auf. Sie lebten in Armut und meist fernab von Siedlungen. Im Mittelalter entstanden in der Schweiz acht Männer- und zwanzig Frauenklöster. Der Konvent im Kloster Kappel am Albis war jedoch nie besonders gross. Die höchste Anzahl an Priestermönchen wird im Jahr 1406 verzeichnet: 24.

Bereits im 15. Jahrhundert geht es mit dem Kloster Kappel bergab. Zuerst gerät es in finanzielle Schwierigkeiten, danach gelangt es vermehrt in die Abhängigkeit von weltlichen Mächten. Die Misswirtschaft diverser Äbte verbessert die Situation nicht. 1443 wird es zudem geplündert und 1493 brennt das Konventgebäude ab. Das 16. Jahrhundert bringt einen Aufschwung, zeitgleich aber auch den Übergang zur Reformation, denn der damals noch 19-jährige Heinrich Bullinger, später führender Theologe des Protestantismus und der Zürcher Reformation, wird 1523 ins Kloster Kappel für den Unterricht der Mönche geholt. Die Mönche legen bald daraufhin ihre Kutten ab und übergeben 1527 das Kloster freiwillig der Stadt Zürich.

Im zweiten Kappeler Krieg wird das Kloster Kappel zum Kriegsschauplatz des Konflikts zwischen Zürich und Bern (bzw. den Katholiken und den Reformatoren). Unter den Gefallenen des Krieges befindet sich nicht nur der Abt des Klosters, sondern auch der Zürcher Reformator Huldrych Zwingli. Die Klosteranlage wird von den Katholiken geplündert. Doch bereits 1532 lässt man das Gebäude wiederherstellen und eröffnet eine Schule, die jedoch bald nach Zürich verlegt wird. 1547 wird ein Klosteramt eingerichtet, welches 1803 aufgelöst wird. Der Bezirk Knonau ersteigert den ehemaligen Amsthof Kappel und eröffnet eine Armenanstalt. Im Jahr 1980 verlassen die letzten Patienten die Anstalt.

Bereits im Jahr 1972 liebäugelt die Zürcher Landeskirche mit dem Gedanken das ehemalige Kloster in einen Ort der Stille zu verwandeln. 1983 werden die umgebauten Gebäude ihrer neuen Bestimmung übergeben. 2012 findet eine umfassende Rennovation statt und es entstehen das heute existierende Seminarhotel und das Bildungshaus der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich.

Baugeschichtliche Entwicklung des Klosters Kappel

Vom ursprünglich romanischen Bau hat sich nicht viel erhalten – ein Mauerstück im Südquerschiff sowie Reste von Bauholz im Amtshaus. Die Datierung des Holzes geht auf die Jahre 1209/10 zurück.

In der Mitte des 13. Jahrhunderts findet ein Neubau der Kirche statt im Stil der Gotik, was diverse Quellen belegen. Eine erste Weihung wird 1283 verzeichnet. Daraus geht hervor, dass die Bauten zumindest im Ostteil der Kirche vollendet waren. Die Datierung der Holzbalken im Dachstuhl der Kirche fallen in die Jahre 1303/04. Somit ist sicherlich der Rohbau abgeschlossen. Die Weihung von weiteren Altären findet erst 1349 statt.

Nach der Plünderung des Klosters Kappel sowie der Umwandlung in eine Schule bzw. in eine Armenanstalt, werden Teile des Klosters umgebaut und erneuert, jedoch verlieren die meisten Gebäude ihre ursprüngliche Funktion. Ferner werden einzelne Bauten im 18. und im 19. Jahrhundert komplett abgerissen. Leider wird dabei meist nicht auf die historische Bausubstanz Rücksicht genommen. Erst im 19. Jahrhundert zieht man Fachleute für die Restaurierungen hinzu und erinnert sich an die Bedeutung des Baus. Zumindest die Kirche konnte ihre mittelalterliche Struktur weitgehend bewahren.

Die Innenausstattung der Klosterkirche

Bei einem Besuch der heutigen Kirche, kommt sie uns vielleicht etwas kühl oder leer vor. Man könnte auch sagen, dass sie sich wieder an der Zisterzienser Vorliebe für Schlichtheit orientiert. Als Grundriss der dreischiffigen Basilika erkennen wir ein lateinisches Kreuz, welches sich aus dem Altarhaus, dem Querhaus und einem sechsjochigen Langhaus zusammensetzt.

Sofort ins Auge gestochen ist mir das Chorgestühl aus dem 14. Jahrhundert bzw. die witzig gestalteten Tier- und Menschenköpfe darauf, die dem Besucher entgegenblicken. Auch die vier Trägerfiguren an den beiden hölzernen Arkaden mit Wimperg, die das Chorgestühl östlich abschliessen, sind beeindruckend. Die Figuren stützen jeweils eine Hand auf ihrem Knie ab. Über ihnen erhebt sich ein Kleeblattbogen sowie ein Wimperg, welcher mit einer Kreuzblume abgeschlossen wird. In der Mitte sehen wir eine männliche Maske.

Zwei Stuhlreihen mit je 17 Sitzen haben sich bis heute erhalten. Ursprünglich existierte noch eine zweite Stuhlreihe sowie die Sitze für den Abt und den Prior. Kunsthistorisch gesehen ist das Chorgestühl von grosser Bedeutung, da es zu den ältesten seiner Art in der Schweiz gehört. Die beiden Durchgänge machen das Gestühl einzigartig. Ich selbst habe zuvor noch keine solche Konstruktion gesehen.

Von den gotischen Fenstern haben sich leider nur fünf erhalten. Sie waren Teil einer umfangreicheren Verglasung. In der Kappeler Schlacht und beim späteren Umbau in ein Armenhaus werden die meisten Fenster zerstört. Die erhaltenen Scheiben werden über die beiden letzten Jahrhunderte mehrmals restauriert. Nur im Kloster Königsfelden im Kanton Aargau hat sich ein umfangreicherer Glasgemäldezyklus erhalten. Die Fensterzyklen dieser beiden Klöster sind in der Schweiz einzigartig.

Die Wandbemalungen der Chorkapellen stammen aus dem 14. Jahrhundert. Leider sind viele Teile davon nicht mehr gut erkennbar. Die Auftraggeber der Fresken sind Adelsfamilien, die verschiedene Meister mit der Ausmalung ihrer Kapellen beauftragten. Die Mönche schlossen jeweils die Verstorbenen, welche in den Kapellen ruhten, in ihr Gebete ein. Die Wandmalereien werden 1875 wieder freigelegt und 1958 umfangreich restauriert.

Die älteste noch erhaltene Grabplatte stammt von den Herren von Hünenberg und zeigt deren Wappen. Sie waren einst das mächtigste Adelsgeschlecht zwischen Zürich und Luzern, verschwinden aber im 15. Jahrhundert komplett von der Bildfläche. Die gleichnamige Gemeinde im Kanton Zug erinnert noch daran. Von den Grabmälern der ursprünglichen Stifterfamilien aus dem Mittelalter hat sich nur eine einzige erhalten. Diese findest du in der Nikolauskapelle. Dort liegt der Konstanzer Chorherr Hartmann von Baldegg. Die restlichen Grabplatten wurden entweder bei der Reformation zerstört oder von den Amtmännern in Beschlag genommen.

Ausserhalb der Kirche verdient der Kapitelsaal ein Augenmerk, denn dort kannst du eine spätgotische Decke erspähen. Im Saal versammelte sich ursprünglich der Konvent für Beratungsgespräche. Auch die Gräber der Gründerfamilie von Eschenbach befanden sich darin. Die Decke, ursprünglich ausgelagert und im Landesmuseum in Zürich zu sehen, findet sich nun an ihrem Originalplatz wieder.

Globi im Kloster Kappel: Eine Helmzier als Vorbild?

Die Abenteuer des Papageien-Menschen Globi kennt jedes Kind. Bis heute gehören die Geschichten von Globi zu den erfolgreichsten Kinderbüchern weltweit. Geschrieben hat sie der Autor Robert Lips, der im Nachbardorf von Kappel, in Hausen am Albis, wohnte. Obwohl er den Zusammenhang verneinte, finde ich die Ähnlichkeit doch frappant. Zu finden ist die Vorgängerversion von Globi in der Stephanskapelle. Sie diente als Grabstätte für die Familie Gessler von Brunegg. Im Gewölbe mit Rautenmuster wechseln sich das Gesslerwappen mit deren Helmzier ab. Diese Helmzier besteht aus einem Adlerkopf, der eben aussieht wie die Globi-Figur. An der linken Seite des Ostfensters ist noch eine Abbildung des Heiligen Christophorus mit dem Christuskind auf den Schultern zu erkennen.

Was meinst du? Sehen wir Globi im Kloster Kappel am Albis oder nicht?

Schaue dir das Drohnenvideo vom Kloster Kappel am Albis an:

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Besucherinformationen:
Adresse: Kloster Kappel, Kappelerhof 5, 8926 Kappel am Albis
Öffnungszeiten Hotel & Café: Täglich von 8Uhr bis 22Uhr (Klosterkeller nur mit Reservation)
Anreise: Mit ÖV nach Baar (ZG), dann mit dem Postauto 280 (Hausen am Albis) direkt zur Bushaltestelle «Kappel am Albis, Kloster». Oder ab Zürich Wiedikon mit dem Postauto bis Hausen am Albis und nachher weiter mit dem Postauto 280 nach Kloster Kappel am Albis. Wenn du mit dem Auto anreist: Die Parkplätze sind gratis (ausgeschildert).

Interessiert an mehr Kultur in der Schweiz? Schaue dir meinen Beitrag zum Kloster Königsfelden im Kanton Aargau an.

Bilderquellen:

  • Eigene Aufnahmen, Kloster Kappel am Albis
  • Bild Kloster Kappel um 1530, Zentralbibliothek Zürich. Älteste Ansicht von Kappel aus der Chronik  von Heinrich Brennwald und Johannes Stumpf. Quelle: Webseite Verein Kloster Kappel

 

Literatur