Hier schreibe ich über die Ausstellungen, die ich in diesem Jahr besucht habe. Hast du dieselbe Ausstellung besucht? Ich freue mich über ein Feedback von dir. Diejenigen Ausstellungen, die noch aktuell sind, habe ich im Beitrag orange markiert. Hier eine Übersicht:
Still ongoing:
- KHM Wien: Arcimboldo – Bassano – Bruegel. Die Zeiten der Natur (bis 29.06.2025)
- Albertina Museum Wien: Francesca Woodman (bis 06.07.2025)
- Graphische Sammlung ETH Zürich: NEOGEO – DÉCALAGES FÉMININS (bis 06.07.2025)
- Fotostiftung Schweiz: Lucia Moholy – Exposures (bis 13.07.2025)
- Albertina Modern: Remix. Von Gerhard Richter bis Katharina Grosse, Wien (bis 14.09.2025)
- Vögele Kulturzentrum: ARBEIT: Vom Wollen, Dürfen und Müssen (bis 05.10.2025)
- Schloss Heidegg: Eine Liebesgeschichte auf Postkarten (bis Oktober 2025)
- Römerstadt Carnuntum bei Wien (Tagesausflug, Dauerausstellung)
- Château de Prangin: Was ist die Schweiz? (Dauerausstellung)
Ausstellungen Juni 2025
Vögele Kulturzentrum: ARBEIT: Vom Wollen, Dürfen und Müssen (bis 05.10.2025). Warum arbeitest du? Ist es für dich ein müssen, dürfen oder wollen? Eine Berufung oder eine Bürde? Die aktuelle Ausstellung trifft den Nerv der Zeit. Viele Menschen arbeiten, um ihre Rechnungen zu zahlen und um ihr Leben zu finanzieren, jedoch kann dabei einiges verloren gehen. Ich spreche hier nicht nur von Erfüllung und unserem täglichen Wohlbefinden, sondern auch von unserer Persönlichkeit und unseren Werten. Unser tiefstes Bedürfnis dem Leben ein Sinn zu geben. Work-Life Balance um das Modewort zu nennen.
Was müssen wir tun, damit aus dem müssen ein wollen wird und damit unsere persönlichen Bedürfnisse mit der Arbeit, der wir nachgehen, übereinstimmen? Hier bietet die Ausstellung eine Reihe von Fragen und Übungen, die wir uns selbst stellen können. Die Antworten darauf sind nicht immer leicht verdaubar – zumindest bei mir. Doch es hilft sich die Geschichte der Arbeit und ihren stetigen Wandel zu sehen, die über die Jahrtausende von Innovationen und gesellschaftlichen Veränderungen geprägt ist. Plötzlich realisiert man, welchen Luxus man hat. Nur schon sich diese Fragen stellen zu dürfen. Und vielleicht kann man Erfolg auch anders definieren. Vielleicht kann man die gesellschaftlichen Erwartungen ignorieren, die Grenzen neu setzen und den eigenen Weg gehen.
Was würdest du machen, wenn Geld keine Rolle spielt? Egal was, du wirst sehr wahrscheinlich trotzdem arbeiten, es vielleicht aber nicht als Arbeit bezeichnen aus dem einfachen Grund, weil es dir Spass macht.
Graphische Sammlung ETH Zürich: NEOGEO – DÉCALAGES FÉMININS (bis 06.07.2025). Farben, Formen, Raster – eine Ode an die Geometrie und an die feminine Kunst, denn in der aktuellen Ausstellung der Graphischen Sammlung der ETH Zürich haben drei Frauen das Sagen. Der Fokus liegt auf drei zeitgenössischen Künstlerinnen: Claudia Comte, Athene Galiciadis und Andrea Heller.
Mitte der 80er Jahre verstärkt sich die Verwendung von geometrischen Formen. Der Begriff «Neue Geometrie» entsteht. Im angelsächsischen Raum sieht man die geometrisch, abstrakten Bilder als Kritik an die Mechanisierung und die Kommerzialisierung der modernen Welt. Genau diese Strömung prägt die Westschweiz. In der Romandie wird «Néo-Géo» Ausdruck eines Lebensgefühls: Es kombiniert Trash mit klassischer Moderne. Nun wird NEOGEO aus weiblicher Sicht thematisiert. Anlässlich der Ausstellung haben die Künstlerinnen neue Editionen produziert, die sich alle mit der Tradition der geometrischen Abstraktion auseinandersetzen. Comte fokussiert auf rhythmische Muster und serielle Strukturen. Heller erforscht organische Formen und das Spannungsverhältnis zwischen Ordnung und Auflösung. Galiciadis kombiniert wiederum graphische Präzision mit malerischen Elementen und spielerischen Variationen. Welches geometrische Muster gefällt dir am besten?
Kulturausflug: Schloss Heidegg – Eine Liebesgeschichte auf Postkarten (bis Oktober 2025). Kennst du das Schloss? Das Schloss befindet sich im Luzerner Seetal. Auf einem Hügel thronend haben wir eine ganz wunderbare Sicht auf den See und die Umgebung. 2024 wurde der Garten neugestaltet und du kannst seltene Rosensorten entdecken – vom Altertum bis zur Gegenwart. Ein Traum für alle Sinne. Es hat so fein geduftet bei meinem Besuch. Die volle Rosenblüte ist jetzt – also schau unbedingt vorbei.
Aktuelle Ausstellung: Eine Liebesgeschichte auf Postkarten. Die Liebes- und Lebensgeschichte von Marietta (die Kammerzofe aus Sachseln) und Fritz (der bayrische Diener). Sie lernen sich 1904 im Schloss kennen und verlieben sich sogleich. In den folgenden Jahren schreiben sie sich über 500 Postkarten. Die Ausstellung gibt Einblicke in Freuden und Leiden von Bediensteten im frühen 20. Jahrhundert.
Fotostiftung Schweiz: Lucia Moholy – Exposures (bis 13.07.2025). Wenn du dich mit dem Bauhaus beschäftigst, kommst du an seinem Namen kaum vorbei: László Moholy-Nagy – ein weltweit bekannter Künstler und vor allem ein Lehrer, der das Bauhaus prägte. Doch kennst du seine Frau? Lucia Moholy hat in den Jahren, in denen ihr Mann am Bauhaus tätig war, mitgewirkt und gleichzeitig Fotografiegeschichte geschrieben. Bis heute prägen ihre Bilder vom Dessauer Bauhaus unsere Wahrnehmung der Institution. Sie fotografiert die Gegenstände, die im Bauhaus entstehen und macht Architekturaufnahmen. Sie selbst bezeichnete sich als «Dokumentarin», aber sie war auch Kunsthistorikerin, Kritikerin und Schriftstellerin.
Die Fotostiftung Schweiz widmet sich der grossen Bandbreite ihres fotografischen Schaffens und zeigt in der Ausstellung Bilder, die zwischen 1910 und 1970 entstanden sind. Beeindruckt haben mich vor allem ihre Portraitaufnahmen. Wir sehen ernste Gesichter, niemand lacht (bis auf die Putzfrau) – so ganz anders als wir es uns heute gewohnt sind. Auch ihre Perspektiven finde ich inspirierend. Zusätzlich zu den Fotografien werden neu entdeckte Dokumente gezeigt, die beispielsweise ihre Jugend in Prag, ihre redaktionelle Tätigkeit in Deutschland oder die Arbeit als Porträtistin in London beleuchten.
Wusstest du, dass Lucia Moholy die letzten 30 Jahre ihres Lebens in Zürich verbringt? In dieser Zeit pflegt sie eine Beziehung zur damals noch jungen Fotostiftung, wo sich heute ein grosser Bestand ihrer Fotografien befindet.
Ausstellungen Mai 2025
KHM Wien: Wachs in seinen Händen. Daniel Neubergers Kunst der Täuschung (bis 09.06.2025). Neuberger war ein Meister der Täuschung. Seine grösste Innovation war es, mit dem weichen Wachs härtere Materialien zu imitieren. Er verleiht dem Wachs die jeweils passende Farbe und Oberflächenqualität und schwupps, wenn du nicht genau hinsiehst, fällst du darauf herein. Er versucht sogar die physikalischen Eigenschaften wie Härte und Gewicht zu imitieren. Er verwendet dabei Bienenwachs und fügt Farb- und Füllstoffe hinzu (Stärke, Kreide etc.). So gelingt es ihm den gewünschten Glanz- und Transparenzgrad zu erreichen.
Weisst du wie das Verfahren heisst? «Wachs bossieren» – den Begriff habe ich tatsächlich zum ersten Mal in der Ausstellung gehört. Dass er den Wachs flüssig aufträgt, sieht man besonders gut bei den kugelförmigen Augen von Tieren. Mit erhitzten Metallspitzen formt er Linien für Laubblätter oder Tierfell. Für die dreidimensionale Wirkung verwendet er im Inneren Metalldrähte, Holzstäbe oder Tierborsten. Daniel Neuberger stammt aus Augsburg und arbeitet in Wien als kaiserlicher Hofkünstler. Er unterrichtet sogar die kaiserliche Familie. Aufgrund der Bedrohung der Osmanen verlässt er Wien und arbeitet für weitere Fürsten im ganzen Reich. Wachs als Material ist natürlich viel günstiger, weshalb die Arbeiten von Neuberger grossen Anklang finden.
KHM Wien: Arcimboldo – Bassano – Bruegel. Die Zeiten der Natur (bis 29.06.2025). Absurd? Grotesk? Oder einfach grandios? Wie würdest du die Bilder von Arcimboldo beschreiben? Wir befinden uns im 16. Jahrhundert. Es ist die Zeit der Renaissance. Eine Zeit des Umbruchs. Neue Erfindungen wie der Buchdruck verändern die Welt. Wie orientiert sich der Mensch in einer sich wandelnden Welt? Das Wechselspiel von Mensch, Natur und Zeit steht im Vordergrund der Ausstellung. Ein Thema, das bis heute relevant ist. Wie erlebt der Mensch den Lauf der Jahreszeiten, den Rhythmus der Natur, die Ordnung der Zeit?
Seit jeher versuchen wir unseren Platz im Universum zu verstehen und zu finden. Wiederkehrende Abläufe geben uns eine Struktur. Tage, Monate und Jahre schaffen messbare Ordnung und Rhythmus. In der Kunst spiegelt sich diese Ordnung in der Darstellung der Jahreszeiten wider. Die Künstler stellen saisonale Arbeiten dar sowie Feste und Bräuche. Mess- und Navigationsinstrumente erschliessen uns die Welt. Künstler wie Dürer und da Vinci halten die Natur in beeindruckender Präzision fest.
Zeitgleich erschafft der Mailänder Künstler Giuseppe Arcimboldo seinen berühmten Zyklus der Jahreszeiten. Eine Sensation, denn er malt die Elemente in Form allegorischer Porträts. Wimmelbilder, in denen wir uns verlieren und immer wieder Neues entdecken können. Siehst du den Kopf? Siehst du die einzelnen Tiere, Blumen oder Früchte? Arcimboldo arbeitet zu dieser Zeit für die Habsburger und fügt subtil Anspielungen auf deren Regierung hinzu. Ihre Herrschaft steht für Gleichgewicht und Kontinuität – genau wie der ewige Kreislauf der Natur.
Albertina Modern Wien: Remix. Von Gerhard Richter bis Katharina Grosse (bis 14.09.2025). Zwei Sammlungen verschmelzen in einem Museum gepaart mit grossen Namen wie Richter, Polke oder Baselitz. Es ist eine Schau der Gegensätze: Pathetisch-ausladende Werke und zahlreiche Grossformate (Sigmar Polke oder Jörg Immendorff) präsentieren sich zusammen mit konzeptuellen Arbeiten von Joseph Beuys oder Rosemarie Trockels. Jeder Saal spricht eine eigene Sprache.
Die Sammlung Viehof ist eine der bedeutendsten Privatsammlungen Deutschlands. Ihr Schwerpunkt liegt auf Deutschen Künstler:innen der Avantgarde. In der Ausstellung sehen wir 24 Künstlerpositionen, die die Entwicklung der deutschen Malerei und Skulptur nach 1960 aufzeigen. Gerhard Richter und Sigmar Polke stehen für die „freche“, sozialkritische Kunst der 1960er Jahre, gefolgt von Martin Kippenberger in den 80ern. Vertreter der figurativen oder abstrakten Kunst sind Neo Rauch, Daniel Richter, Isa Genzken und Katharina Grosse. Gleichzeitig ergänzt die Albertina die Sammlung mit ihren eigenen Werken – ein REMIX entsteht (wie in der Musik: eine neue Version bereits komponierter Musikstücke).
Ich persönlich mag Katharina Grosse. Ihre farbigen Bilder begeistern mich jedes Mal aufs Neue. Die Farben und Formen haben irgendwie ein Eigenleben – mal entsteht Harmonie, mal Spannung und jedes Mal gibt es etwas Neues zu entdecken. Wir sehen Falten oder Farbstränge, die in unterschiedliche Richtungen laufen. Ich bin versucht eine Struktur oder ein Zentrum zu finden und kaum denke ich, dass ich es gefunden habe, muss ich es schon wieder verwerfen. Geht es dir auch so, wenn du ihre Werke betrachtest?
Tagesausflug nach Carnuntum (bei Wien): Carnuntum war eine bedeutende römische Stadt vom 1. bis 4. Jahrhundert n. Chr. an der Grenze des römischen Reichs. Es liegt in der Nähe von Vindobona – dem heutigen Wien. Rund 50’000 Einwohner hatte die Stadt und beherbergte 1 Legion, d.h. es waren bis zu 5’500 römische Soldaten dort stationiert. Heute kann man den Ort besuchen. Teile eines Stadtviertels wurden wieder aufgebaut. So können wir durch das Haus eines reichen Adligen schlendern oder uns den neuesten Klatsch und Tratsch in der Therme anhören. Falls es dann doch zu wild wird, gibt es in der Gegend gute Weine, lauschige Schattenplätze zum Entspannen und moderne Latrinen 😉
Ausstellungen April 2025
Albertina Museum Wien: Francesca Woodman (bis 06.07.2025). Was bedeutet es Frau zu sein? Francesca Woodman (1958-1981) erkundet genau diese Frage in ihren Schwarz-Weiss Fotografien. Rund 100 Werke aus ihrer 9-jährigen Schaffensphase sind in der aktuellen Ausstellung zu sehen. Kennst du die Fotografin? Wenn ich ihre Fotografien betrachte, mischen sich verschiedene Emotionen bei mir. Einzelne Bilder finde ich ästhetisch wunderschön, andere finde ich abstossend oder verwirrend, dann wieder bin ich fasziniert, wie sie ihren Körper einsetzt, um die Weiblichkeit zu erforschen. Oder ich sehe Ausschnitte von Räumen und möchte wissen, was es sonst noch in diesem Raum zu erkunden gibt.
Francesca inszeniert sich leidenschaftlich gerne selbst und ich finde es toll wie sie Licht und Schatten einsetzt. Auch positioniert sie sich sehr kreativ – kein üblicher Blickwinkel und genau deshalb bleibt es spannend. Zudem hat sie in sehr ungewöhnlichen Atelierräumen oder in Fabrikhallen gearbeitet, was uns unerwartete Gegenstände erblicken lässt. Ihr Körper dient als Werkzeug, um die ihr wichtigen Themen zu erkunden: Weiblichkeit, das Verhältnis zwischen Körper und Raum, Verletzlichkeit und kreative Selbstinszenierung. Ihre Requisiten? Sehr vielfältig: Spiegel, Handschuhe, Tapeten, Mehl, Muscheln, Fliesen oder Aale. Francesca wird nur 23 Jahre alt, hinterlässt uns aber ein eindrucksvolles Oeuvre.
Albertina Museum Wien: Leonardo – Dürer. Meisterzeichnungen der Renaissance auf farbigem Grund (bis 09.06.2025). Im Norden haben wir Albrecht Dürer, im Süden Leonardo da Vinci – beides Genies, die die Renaissancemalerei auf ihren Höhepunkt führen. Was haben sie gemeinsam? Ganz einfach: Sie skizzieren auf Papier. Beide verwenden farbig präpariertes Papier für ihre Entwürfe. Lila, Rot, Blau, Blaugrün, Braun, Schwarz. Es ist unglaublich faszinierend diese gefärbten Papiere in der Ausstellung zu vergleichen und vor allem zu sehen, welche Effekte man mit welchen Stiften bewirken kann. Die Farbe bildet einen Mittelton, von der aus ins Helle oder ins Dunkle gearbeitet wird.
Die Künstler nehmen Metallstift, Feder, Pinsel oder Kreide, um Glanzlichter oder Schatten zu malen. Das Papier wird mit einem Gemisch aus Knochenpulver, Leim- und Gummiwasser grundiert. Danach wird Farbe in Pulverform beigemischt. Diese Technik schwappt von Italien nach Deutschland rüber. Eine Präparierung des Papiers ist zwingend, da sich der Strich auf einer glatten Papierfläche nicht abreibt. Die Blätter von Leonardo da Vinci sind auffällig bunt, denn er wählt verschiedene Grundierungen: Von leuchtend rot und orange über hellviolett, blau bis hin zu cremefarbigen rosa und beige Tönen. Nach seinem Umzug nach Mailand 1482 bevorzugt er das blau grundierte Papier und verwendet dabei einen Metallstift.
Chiaroscuri heisst der Begriff, wenn man auf farbigem Papier zeichnet. Die Technik des Chiaroscuro (Hell-Dunkel-Malerei) kommt erst in der Spätrenaissance / Barock auf. Cennino Cennini erwähnt als erstes die Technik des Zeichnens auf farbigen Untergründen und beschreibt es als «porta» – Tor zur Malerei. Gerade durch die reduzierte Farbpalette kann sich der Künstler im Umgang mit Dreidimensionalität sowie Licht- und Schattenwirkungen üben. Leonardo da Vinci dürfte übrigens als Erster mit Rötel auf Rot präpariertem Papier gezeichnet haben. Die Rot-auf-Rot Technik inspiriert viele weitere Maler.
Nördlich der Alpen entwickelt Dürer neue Techniken. Wie Leonardo da Vinci verwendet er farbig präpariertes Papier. Doch neben den Blättern mit farbiger Grundierung, greift er auch zum bereits im Herstellungsprozess eingefärbten Natur- oder Tonpapier – genannt Carta Azzurra. Erstmals begegnet Dürer dieser Technik in Venedig um 1506. Er schafft bildhaft durchkomponierte Zeichnungen mit Auge für Details. Seine dargestellten Hände sind meisterhaft skizziert.
Das Bedürfnis nach solchen ästhetischen Skizzen steigt und dank der Druckgrafik sind sie gut reproduzierbar. Keine Lust auf Massenware? Kein Problem. Dürer fertigt für anspruchsvolle Kunden Einzelstücke an. Das Monogramm darf jedoch nicht fehlen. Dürer pflegt einen freundschaftlichen Austausch mit Giovanni Bellini. Dieser dürfte ihn auch dazu angeregt haben die Hell-Dunkel-Technik anzuwenden und seinen Einsatzbereich zu erweitern. Dabei erprobt er Oberflächen, Strukturen und Formen in Bezug auf die malerische Wirkung.
Albertina Modern, Wien: True Colors. Farbe in der Fotografie von 1849 bis 1955 (bis 21.04.2025). Fotografieren ohne Farbe? Heute undenkbar. Vor rund 100 Jahren ein Luxusgut. Die Techniken dahinter sind komplex. Die Ausstellung widmet sich diesen facettenreichen Entwicklungen und wir entdecken wunderbare handkolorierte Bilder. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts gelingt es Wissenschaftlern einzelne Farbfotos herzustellen. Das sind jedoch Unikate und somit nicht massentauglich.
Die Inferenzfarbfotografie gilt als erster Meilenstein der direkten Farbfotografie und wird 1891 von Gabriel Lippmann in Paris vorgestellt. Erstmals sind dauerhaft haltbare und brillant strahlende Farbaufnahmen möglich. Das Verfahren basiert auf der Interferenz von Lichtwellen und im richtigen Winkel reflektiert sich dann die Ausgangsfarbe – so wie bei Seifenblasen, wenn sie durch die Luft schweben und von der Sonne angestrahlt werden
Eine erste Revolution der Farbfotografie gelingt den Brüdern Lumière im Jahr 1907. Sie bringen industriell hergestellte Autochromplatten auf den Markt. Die zweite Revolution feiert das US-Unternehmen Kodak Mitte der 1930er Jahre – kurz danach die Firma Agfa in Deutschland. Sie produzieren den ersten Kleinbildfarbdiafilm. Nach dem zweiten Weltkrieg kommen praktikablere Materialen für die analoge Fotografie auf den Markt. Der Siegeszug der Farbfotografie ist nicht mehr aufzuhalten. Wie viele Fotos machst du an einem Tag?
Ausstellungen: März 2025
Landesmuseum Zürich: Konsumwelten. Alltägliches im Fokus (bis 21.04.2025). Welche Bedürfnisse deckst mit deinem Konsum ab und wie hat sich dieser in den letzten Jahren verändert? Fühlst du dich glücklich danach? Ein komplexes Thema, denn wenn wir essen, trinken, uns nach Trends kleiden oder Medien konsumieren, stets stillt der Konsum ein wichtiges Bedürfnis – sei es Glück, Individualität, Zugehörigkeit oder Abwechslung. Wo und wie wir einkaufen, hat sich in den letzten Jahren stark verändert, doch die Bedürfnisse bleiben die Gleichen. So erinnert uns ein bestimmter Duft an die Ferien. Wir kaufen denselben Wein, den wir in den Ferien getrunken haben. Wir kaufen ihn, da er mit Emotionen und Erinnerungen verknüpft ist.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Werbung. Sie hat die Aufgabe, Produkte besonders attraktiv zu machen und zum Konsum anzuregen. Dafür gibt es – auch schon vor Photoshop – Fotostudios, die sich auf diese Nische konzentrieren. Sie greifen in die Trickkiste, um das Produkt zu optimieren (Beleuchtung, Perspektive, Farbgebung etc.). Was ich persönlich besonders mag, ist humorvolle Werbung. Ich denke hier an die Werbung des Motorradherstellers Kawasaki oder der Schweizer Versicherung ‘Die Mobiliar’. Auch das Einkaufszentrum Glatt lockt bereits 1975 die Konsument:innen mit Humor in ihr Haus. Was hast du letzthin gekauft, das du nicht wirklich brauchst und warum hast du es gekauft?
Ausstellungen: Februar 2025
Fondation Beyeler: Nordlichter (bis 25.05.2025). Ein zarter, beweglicher Schleier aus schillernden Rosa-, Weiss- und Türkistönen schimmert am nächtlichen Himmel. Er spiegelt sich auf einer Wasseroberfläche zwischen kargen Felsen. Das flüchtige Naturphänomen der Nordlichter auf Leinwand zu bekommen, ist Anna Boberg auf wunderbare Weise gelungen – findest du nicht auch? Die Nordlichter dienen der Künstlerin als Motiv in zahlreichen Werken. Sie ist so beeindruckt, dass sie über 30-mal nach Nordnorwegen reist, um die unterschiedlichen Lichtverhältnisse zu malen. In der Ausstellung haben mich ihre Bilder besonders beeindruckt. Die Schwedin ist zwar in ihrem Heimatland bekannt, doch ausserhalb der Landesgrenzen kennt sie kaum jemand.
In der Ausstellung finden wir bekannte Namen wie den Norweger Edvard Munch oder die Schwedin Hilma af Klint. Doch eben auch den weniger bekannten Künstler:innen wird eine Plattform geboten. Gefallen hat mir zudem, dass nicht nur skandinavische Werke gezeigt werden, sondern auch Bilder von kanadischen Künstlern. Wegweisend war hier die «Group of Seven». Die Gruppe hat die kulturelle Identität Kanadas über Jahrzehnte geprägt. Es dreht sich alles um die boreale Zone. Kennst du sie? Sie wird auch Taiga genannt und umfasst die nördliche Vegetationszone. Also dort, wo der Sommer nicht enden will, und die dunklen Winternächte herrschen – die «Heimat» der Nordlichter. In der Ausstellung werden 13 Maler:innen gezeigt, die sich von diesen Naturphänomenen inspirieren liessen.
Ausstellungen: Januar 2025
Graphische Sammlung, ETH Zürich: Albrecht Dürer. Norm sprengen und Mass geben (bis 09.03.2025). Der Name Albrecht Dürer bedeutet spektakuläre Ausstellungen, Massenandrang, lange Wartezeiten und kitschige Kaffeetassen. Doch es muss nicht immer ein pompöser Auftakt sein, denn in der Graphischen Sammlung kann man den grossen Meister ohne Ansturm und ganz in Ruhe betrachten – auf Augenhöhe quasi. Die ETH Zürich besitzt Albrecht Dürers druckgraphisches Werk in beneidenswerter Qualität und Quantität. Ich könnte hier stundenlang verweilen. Hier wird er als Künstler und nicht als Pop-Ikone verehrt. Ein Künstler, dem es gelang mit seinen Werken nicht nur Norm sprengend, sondern auch Mass gebend zu sein.
Die Werke von Dürer faszinieren mich immer wieder aufs Neue. Jede:r von uns hat ein Werk von ihm im Kopf, wenn wir die Augen schliessen. Bei mir ist es sein Selbstportrait, in dem er sich fast christusgleich inszeniert. Oder die Melencolia (Melancholie). Seine betenden Hände und der Hase haben es in Schwimmbäder, Schlafzimmer und auf Rucksäcke geschafft. Wie bei Raffael und Mozart zeugt dies von einer unglaublichen Wirkmacht, die weit über den Zirkel eines elitären, kunstaffinen Publikums hinausreicht. Zur Ergänzung werden deshalb in der Ausstellung auch Fotografien von Tätowierungen gezeigt, die auf Dürers Graphiken zurückgehen, was ich persönlich eine richtig coole Idee finde.
- Hier geht es zu meinem Blog-Artikel über die Kunstwerke der ETH Zürich.
Musée Visionnaire Zürich: INK* (bis 02.03.2025). Spätestens bei Tätowierungen scheiden sich die Geister. Der Körperschmuck lässt die Nase rümpfen oder sorgt für totale Begeisterung. Das kann auch beim Dating herausfordernd sein. Und was haben Tätowierungen im Museum zu suchen? Eine künstlerische Betrachtung gestaltet sich doch schwierig; haben wir es nicht mit einer Leinwand zu tun, sondern mit nackter Haut oder genauer gesagt einem Menschen als Träger:in. Und die andere schwierige Frage: Wer ist denn jetzt Künstler:in? Die Person, die das Tattoo gestochen hat, die Träger:in oder gar das Museum selbst?
Da ich selber stolze Besitzerin von Tattoos bin, finde ich es richtig cool, dass diese künstlerische Praxis ins Museum geholt wird. So können wir die Pigmente von einer ganz anderen Perspektive betrachten und zu neuen Diskussionen anregen. Tattoos sind immer noch für Viele ein Tabuthema. Ich selbst bin auch schon auf Ablehnung oder auf Unverständnis gestossen. Gleichzeitig bin ich auch heikel und mag nicht alle Stile. Das kann ganz schön herausfordernd sein. Für alle, die Tattoos mögen: Geht unbedingt in die Ausstellung. Und für diejenigen, die sie nicht mögen: Gib ihr eine Chance. Du musst dir ja nicht gleich ein Tattoo stechen lassen, aber vielleicht gewinnst du neue Einblicke. Hast du auch Tattoos?
Fondation Beyeler: Matisse – Einladung zur Reise (bis 26.01.2025). Heute möchte ich dir einen Begriff vorstellen, den ich damals im Studium gelernt und nun bei der Matisse-Ausstellung in der Fondation Beyeler in Basel wiederentdeckt habe – die Odalisken. Das sind nackt oder eingekleidet dargestellte Frauenfiguren, meist sitzend oder liegend in einer orientalischen Bildinszenierung. Odalisken waren ursprünglich Dienerinnen im Harem des Sultans. Im 19. Jahrhundert werden solche Dienerinnen vermehrt in der europäischen Malerei dargestellt, jedoch findet in diesem Zusammenhang oft eine erotische Aufladung der Bildmotive statt. Viele Künstler reisen in den (nahen und fernen) Orient und bringen Eindrücke zurück. Es entstehen zudem Postkarten, die uns Europäern das Konzept des Orientalismus näherbringen. Hierbei handelt es sich aber überwiegend um Klischeevorstellungen des Orients.
Matisse reist 1906 nach Algerien und 1912 nach Marokko. Er ist fasziniert von den dortigen Textilien. Auf den Märkten kauft er mehrere Teppiche, die er fortlaufend in seine Bilder integriert. Sie beeinflussen ihn in seiner Auffassung von Räumlichkeit – er wendet sich von der konventionellen Vorstellung der Perspektive ab und findet zu einer freieren Form. Diesen Wandel erkennt man beispielsweise in seinem Bild «Akanthus» – das Dekorative wird sichtbar, die Form reduziert und abstrahiert, die Farbe befreit sich vom Gegenstand. Räumliche Tiefe und Hell-Dunkel-Effekte spielen kaum eine Rolle mehr. Die Ornamente von Teppichen und Wandtapeten breiten sich flächendeckend über den gesamten Bildraum aus.
Die Frauenfiguren von Matisse: Die Körperlichkeit der Frauenfiguren von Matisse hat mich schon immer fasziniert, vor allem seine verschiedenen Stile und die Wandlung über die Jahre hinweg. So verbindet er beispielsweise europäische Einflüsse mit Körperformen der afrikanischen Bildhauerei. Wir sehen hier (Bild 1) kraftvolle, eckige Linien und flächige Formen, die uns an die afrikanischen Holzfiguren erinnern. Hier spiegelt sich das Interesse der Europäer an der vermeintlich «primitiven» Kunst. Gleichzeitig setzt er sich nach seiner Italienreise mit den Fresken von Giotto auseinander. Es findet eine Reduktion der Landschaftsdarstellung statt.
Zudem beschäftigt er sich mit den «Badenden» von Cézanne. Wir können schon seine Hinwendung zur monumentalen Malerei erkennen. Ersichtlich wird dies auch in seinen Rückenakten, die er in einem Zeitraum von über 20 Jahren weiterentwickelte – von anfangs dynamisch geschwungenen Figuren hin zu flächigen Kompositionen. Matisse abstrahiert seine Figuren immer mehr – bis hin zu seinen berühmten Scherenschnitten. Diese Figur (Bild 2) hat er rund 26-mal überarbeitet, so dass sie nun wie collagiert erscheint. Der Frauenakt sprengt beinahe das Gemälde, wobei der Kopf im Verhältnis zum Körper winzig klein erscheint. Es gibt keine Räumlichkeit, allein die geschwungenen Formen bringen Bewegung ins Bild.
Matisse bedient sich an verschiedenen Bildstilen und -epochen: Von der Antike über das Spätmittelalter bis hin zur Renaissance. Orientalismus, Japonismus, Fauvismus, Kubismus… Matisse erschafft Frauenfiguren jenseits des westlichen Schönheitskanons. Der Wandel über die Jahre sowie der kulturelle Austausch werden in der Ausstellung wunderbar aufgezeigt.
Alle Bilder: eigene Aufnahmen aus den Ausstellungen
Wow. Cool. Vielen Dank! Eine schöne Inspiration.
Vielen Dank fürs Feedback, Nikolaus!